Soziologische Prozesstheorien
Die soziologische Literatur, welche sich explizit mit Veränderung und organisationalen Prozessen beschäftigt, ist sehr zersplittert. Auch die Stichworte unter denen prozessurale Entwicklungen abgehandelt werden, sind vielfältig: Pfadabhänigigkeit, Musterunterbrechungen, Transformation, Rahmen-Analyse, Gleichgewichtstheorien, Sensemaking-Modelle, Organisationskultur, Strukturationstheorie, organisationales Lernen, Figurationstheorie, Interaktionismus – um nur einige zu nennen. Diese Begriffe liegen nicht auf der gleichen Ebene, wählen unterschiedlich Folie, gehen mal vom Akteur, mal vom Handeln, mal von Systemen, mal von Motivationen, mal von Zwecken, mal von Funktionen, Institutionen, Ethnologien, Evolution oder Strukturen aus. In all diesen Ansätzen lassen sich wertvolle Erkenntnisse finden und Voraussetzungen feststellen, die fragwürdig sind. Einen kenntnisreichen und umfassenden Überblick dazu findet sich bei Bernhard Mierbach, Prozesstheorie.
Für unsere Zwecke – die Ausarbeitung organisationaler Leitprozesse von Organisationen – geben all diese Forschungen einen unendlichen Fundus ab, die wechselseitigen Einflussnahmen und Abhängigkeiten in der Selbstorganisation der Organisation zu erforschen. Dabei gilt es im Blick zu behalten, dass die Versuche Organisationen zu steuern und zu regulieren und das Unterlaufen all dieser Versuch durch die Organisation selbst, ein wesentliches Prinzip systemtheoretischen Denkens bleibt: Jede erarbeitete Sicherheit aus dem Meer des Unsicheren schafft gleichzeitig genau dadurch neue Unsicherheit. Daraus eine Tugend zu machen, ist der theoretisch wie praktische Anspruch dieser metatheoretischen Überlegungen.