Philosophische Prozesstheorien
„Prozess und Realität“ ist das Hauptwerk des großen Mathematiker und Philosophen A.N. Whitehead. Seine Analysen, wie in Prozessen aus einem Raum von Möglichkeiten (Potentialität) ausgewählt wird, um zu einem konkreten Ereignis (Aktualität) zu gelangen, haben die hier vorliegende metatheoretischen Veränderungstheorie massgeblich beeinflusst.
Nach Whitehead ist jedes Ereignis ein Ergebnis eines kreativen, schöpferischen Aktes. Es liegt nicht vor, es ist nicht direkt kausal bestimmt, es hat keinen Ort – all das wird erzeugt und bedarf einer Wahl. Seine philosophische Prozesstheorie ordnet als eine der ersten die Zeit dem Raum vor und bricht damit mit einer jahrhundertelangen Tradition, die auf der aristotelischen Metaphysik aufbaute. Das mechanistische naturwissenschaftliche Denken erschien ihm gänzlich ungeeignet, um Veränderungen zu verstehen und zu konzeptualisieren. Dass einer der größten Logiker des letzten Jahrhunderts gleichzeitig der war, der sein Denken vom Spezifischen, vom Geschehnis, vom Ereignis her aufbaute, kann verwundern. Seine prozesstheoretischen Prinzipien führten ihn auch zu einer Kritik der Sprachstruktur, die mit ihrem Subjekt-Prädikat-Fokus (Der Hund läuft…) die Prozesshaftigkeit nicht angemessen abbilden kann (Das Laufen hundet…). Sein Denken bietet unentdeckte Schätze und ist ein Vorläufer neuerer Überlegungen zu Medium und Form (bei Luhmann) und der Bedeutung des Beobachters in der Systemtheorie.