Von Generalisiert zu Spezifisch
Welche Entscheidung ist nötig, damit die Konfliktdynamik vom generalisierten Fokus zum spezifischen Fokus wechselt? Dazu braucht es Entscheidung, darauf zu setzen, dass man (auch mit Feinden) noch gemeinsame Interessen hat und es deshalb auch gemeinsame Lösungen oder Ansichten zu Problemen geben könnte. Das ist wichtig. Oft hoffen die Konfliktparteien, dass sie sich erst verstehen, vertrauen oder wertschätzen müssten, damit der Konflikt sich wandeln kann. Das ist ein großer Irrtum. Auch mit tiefem Groll, mit tiefer Verachtung, mit tiefem Mißtrauen ist es möglich, der Gegenseite Interesse an der Lösung (gemeinsamer) Probleme zu unterstellen. Der Austausch von Kriegsgefangenen ist dafür ein Beispiel. Der Krieg geht weiter, aber an einem spezifischen Aufmerksamkeitsfokus kann man zusammen kommen.
Es ist also eher nachrangig, ob und inwieweit andere Konfliktmodi schon sehr eskaliert sind und an den Polen feindlich, durchsetzend, bedrohend etc. sich angesiedelt haben. Daher sind Gespräche darüber wichtig, wo gerade durch die Abhängigkeit beider Parteien voneinander ein spezifischer Fokus gebildet werden kann, der ein gleichzeitiges Ja zu einer Sachfrage auf beiden Seiten möglich macht. Gelingt dies, ist es häufig auch ein Aufsatzpunkt im Hinblick auf andere Modi, um dort den Konflikt eingrenzen zu können.
Viele Friedensforscher und Diplomaten betonen diesen Punkt auch für die Dynamik zwischen Nationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Konfliktparteien sich lieben lernen, ist bei Null, diejenige, dass man gleich umfassendes Vertrauen aufbauen kann, ebenso. Daher sind es oft die kleinen sachorientierten Schritte, die Verbesserungen schaffen, und gleichzeitig die eskalative Dynamik des Konflikts mildern können. Das gilt aus meiner Sicht für Konflikte in Unternehmen oder Familien in gleichem Maße.