Sorgeschäden
Sorgeschaden – dieser hübsche Begriff stammt von N. Luhmann – bezeichnet einen Aspekt im Umgang mit einer unbekannten Zukunft. Wer annimmt, dass er durch gegenwärtige Handlungen darauf Einfluss nehmen kann, ob in Zukunft ein bestimmtes Ereignis verhindert werden kann, der muss sich entscheiden, ob er gegenwärtig versucht für die Zukunft vorzusorgen oder ob er den Dingen ihren Lauf lässt. Ein einfaches Beispiel sind Versicherungen: Man zahlt sicher in der Gegenwart einen Beitrag. Dies ist ein Schaden, weil das Geld ist weg. Man erkauft damit, die Milderung des Schadens mittels einer Zahlung beim Eintritt des Versicherungsfalles.
Viele Organisationen handeln mit Zukunft: Das Produkt soll jetzt produziert und später gekauft werden. In solchen Fällen muss abgewogen werden, welche Risiken Sorgen bereiten: Prüft man jedes einzelne Produkt oder begnügt man sich mit Stichproben? Je mehr Sorge, desto mehr Aufwand und Kosten ist nötig, um das Risiko zu begrenzen. Je mehr Annahmen über mögliche Gefahren, die man in Risiken verwandeln müsste, desto unattraktiver – weil mehr sogenannte Opportunitätskosten – wird das Ziel. Da Organisationen mit Alter und Größe Entscheidungen mehr und mehr absichern, werden die Sorgeschäden ebenfalls größer.
So muss es nicht wundern, dass Veränderungsvorhaben häufig auf Verschlankung, auf Abschaffung von Regularien und Umständlichkeiten etc., auf Erhöhung einer unternehmerischem Haltung (=Risikofreude) abzielen. Reduktion von Sorgeschäden ist aber nur zu haben, wenn man in Kauf nimmt, dass künftige Schäden als vermeidbar oder absicherbar angesehen werden. Da dies in der Regel dann den Entscheidern als Fehlentscheidung vorgehalten wird, scheitern solche Projekte in der Umsetzung regelmässig. Nicht zuletzt deshalb haben inhabergeführte Unternehmen – wo der Unternehmer nur mit Selbstvorwürfen rechnen muss – Vorteile.