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Selbstunterbrechung

Wenn Menschen ihre inneren Prozesse unterbrechen (= Selbstunterbrechung), braucht es dafür ein Motiv. Warum kämpft jemand die aufsteigenden Tränen hinunter? Warum verbirgt jemand eine zart sichtbar werdende Unsicherheit? Warum tut jemand so, als ob er sich nicht ärgern würde? Das sind alltägliche Situationen, an die man gewöhnt ist. Durch das Unterbrechen bleibt das Erleben diffuser, und der innere Prozess endet schneller. Warum gebrauchen Menschen solche Selbstunterbrechungen? Wenn innere Gründe im Spiel sind, dann sind es in der Regel Erwartungen, dass die Folgen der Unterbrechung weniger schlimm sind als die Folgen des Zulassens. Es sind also Ängste im Spiel, die oft unbewusst ablaufen und nicht hinterfragt werden. Allein die Frage „Warum lassen Sie die Tränen denn nicht laufen?“ stößt oft auf Befremden. Soll jedoch wirklich Neues geschehen, braucht es eine Unterbrechung der Selbstunterbrechung der Selbstwahrnehmung. Das ist aus metatheoretischer Sicht eine Kernfunktion von Beratung. Denn nur dann können entweder das Bedürfnis sowie die daran gekoppelte Angst prägnant werden oder die Art und Weise, wie der Klient sich in einem unfruchtbaren inneren Dialog aufreibt. Eine der beliebtesten Formen wie Menschen ihre Selbstwahrnehmung unterbrechen ist zu sprechen. Wenn aber Reden dazu dient, Erleben zu reduzieren („Wegreden“), dann ist es wichtig, dass der Berater Sprechen unterbindet. Sonst sind höchst chancenträchtige Gegenwartsmomente (Daniel Stern) verloren und die mögliche Intensität in der Beratungssequenz vernichtet.



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