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Risiko und Konsens

Risikobewertungen – also die Frage, ob eine bestimmte Entscheidung und das daraus resultierende Verhalten sich in der Zukunft lohnt oder man es bereut – sind immer an die Perspektive dessen gebunden, der die Bewertung vornimmt. Dies wird oft unterschlagen: „Ist Kernkraft gefährlich?“. Hier muss man fragen: „Für wen?“: Für die aktuell Lebenden oder die ungeborenen Urenkel? Für die Menschen, die um den Reaktor leben oder die ganz weit weg sind?

Wenn also die Frage wie gefährlich ein Risiko ist, nicht entkoppelt werden kann von Interessen darauf resultierenden Bewertungen, ist auch in Organisationen nicht zu erwarten, dass Risikoentscheidungen immer oder auch nur häufig im Konsens zu lösen sind. Im Gegenteil ist damit zu rechnen, dass Unterschiedliches auf dem Spiel steht (etwa Gesundheit versus Gewinn) und daher Konflikte normal sind. Risiken, die im Konsens eingegangen werden, sollten eher daraufhin untersucht werden, auf wessen Kosten die Einigkeit erzielt wurde. Etwas das angeblich für alle Betroffenen in der Zukunft nur Vorteile bringt, ist aus der Sicht dieser Theorie mit Vorsicht zu genießen und in die Frage überzuführen: Wer war nicht mit am Tisch gesessen?

 

Auch an dieser Stelle führt der Gedankengang zur Bedeutung von Konflikten und deren Bearbeitung im sozialen System. Konsens erscheint hier als Spezialfall einer Kommunikation, die vermutlich die Kosten der konsensualen Einigung nicht im Blick hatte und zur Selbststabilisierung oder um überhaupt eine Einigung herstellen zu können, den Preis des Konsenses ausgeblendet hatte. Konsens über Zukunftsrisiken kann so als eine (unerlässliche) Sonderform der Komplexitätsreduktion in Form von gewolltem oder unbewusstem Nicht-Wissen verstanden werden.