Paradoxie von Prognosen
Prognose ist die Erwartung, dass eine bestimmte Zukunft Gegenwart wird.
Diese Erwartung an die Zukunft verändert nun jedoch die Gegenwart: Ich hole die Landkarte und plane, wie ich auf Landstrassen an mein Ziel komme. Die Handlungen in der Gegenwart versuchen also die erwartete Zukunft zu ändern! Weil diese Erwartung nun jedoch viele haben und viele den unerwünschten Stau auf der Autobahn umgehen wollen, stehen am Sonntag alle auf Landstrassen im Stau. Alternatives Beispiel: Weil alle erwarten, dass die Börse fällt, verkaufen viele schnell, um sich vor Verlusten zu schützen und sorgen so dafür, dass die Börse fällt.
Die eigenen Erwartungen an die Zukunft verändern also die Zukunft genauso wie die Erwartungen anderer an die Zukunft. Und man beobachtet die Prognosen anderer und stellt die eigenen Erwartungen genau darauf ab (und fährt dann doch Autobahn oder hält die Aktien).
Die Paradoxie ist, dass eine Prognose sich auf den Eintritt der Prognose auswirkt. Diese Rückbezüglichkeiten erhöhen die Unsicherheit und erhöhen den Bedarf an Prognosen. So verändern Zukunftsannahmen, was sie annehmen, und sie nehmen es an, damit die Zukunft anders wird als angenommen. Wozu sonst Warnungen? „Das geht schief“ sagt man dem Kind, damit es nicht schief geht!
Diese merkwürdige Struktur der Zeit spielt in Organisationen eine enorme Rolle, da erwartete Zukünfte für viele Entscheidungen die zentrale Rolle spielen. So wird mit der Ungewissheit der Zukunft gehandelt: Die Währung sind Warnungen, Prognosen, Zukunftsforschung, Extrapolationen, Katastrophenszenarien, Heilslehren – alles Mittel um gegenwärtiges Verhalten zu erkaufen, welches anders ist, als man es ohne diese Währung erwarten würde.