Nutzen von Generalisierungen
Verallgemeinerungen haben im allgemeinen einen schlechten Ruf. Besonders in Konflikten. Das hat gute Gründe. Dennoch werden generalisierte Aussagen in der Konfliktdynamik auch gebraucht. Und zwar häufig dann, wenn etablierte Strukturen (und nicht einzelne Sachthemen) in Frage gestellt und verflüssigt werden sollen. Mit „Strukturen“ sind hier soziale Rollen, organisatorische Entscheidungsprämissen, Regeln, Normen, aber auch Personen oder Besitz- und Einflussverhältnisse gemeint.
Ein besonders eingängiges Beispiel dafür ist in der Emanzipations- und Gleichstellungsbewegung der Frauen zu erkennen. Diese musste sich erstmal gegen den Dominanzanspruch der Männer in Summe wenden. Dass dabei in einzelnen Aspekten und gegenüber konkreten Personen „über das Ziel hinausgeschossen“ wurde, mag nicht nur wahr sein – aus Sicht dieser Theorie war und ist es geradezu notwendig, sollen die Aussagen nicht zu schwach und wirkungslos bleiben. Allgemeine Vorwürfe können also bei verallgemeinerter sozialer Stabilität sehr notwendig sein. Solche Generalisierungen lassen sich immer kritisieren oder machen angreifbar. Wenn aber das Ziel ist, Etabliertes aufzubrechen, ist dies oft nötig, um keinerlei Unklarheit darüber aufkommen zu lassen, dass man nicht im Detail sprechen, sondern eben Grundsätzliches in Frage stellen und verändern will.
Es gibt auch alltägliche Beispiele dafür. Wenn es sich etwa in Teams eingebürgert hat, dass zu bestimmten Fragen einem Mitglied oder der Führungskraft nie widersprochen wird oder Aussagen auch nur hinterfragt werden, dann ist die dysfunktionale, symbiotische Struktur des Konflikts kaum sichtbar. Schaut man genauer hin, wird bewusst, dass sich die Aufmerksamkeit des Teams wie von selbst darauf fokussiert, dass Person A immer recht hat und man deshalb auf sie hört. In solchen Fällen kann es sehr wichtig sein, ganz generell in Frage zu stellen, dass man nichts von Person A in Frage stellen darf.