Leitprozess Beschreibungsmodus
Der Leitprozess ‚Beschreibungsmodus‘ unterscheidet die beiden Pole ein-fältig und viel-fältig. Die konfliktdynamisch relevante Frage lautet: „Wird das Phänomen einfältig auf einen Aspekt reduziert beschrieben oder werden vielfältige Deutungen zugelassen?“
Hier geht es also darum, wie beschrieben wird: „Nie wäscht Du Dir die Hände vor dem Essen!“ Diese Beschreibung konzentriert sich auf einen wahren und feststehenden Aspekt (des Konfliktpartners). Dieser ist nicht diskutabel und wird leitend für die gesamte weitere Kommunikation. Durch Pauschalierungen (nie, immer, alle, jedesmal etc.) legt man die kommunizierte Beschreibung auf den problematischen Punkt fest und schließt damit andere mögliche Sichtweisen und die möglichen Sichtweisen anderer aus. („Immer hetzt Du mich, wenn es Essen gibt, da kann ich ja nicht anders! Zudem bin ich pünktlich und esse alles auf!“).
Für die Förderung eines neuen Konflikts oder für die Verflüssigung eines hyperstabilen alten Konfliktes sind einfältige Beschreibungen enorm wichtig. Wessen Beschreibung im Spiel ist, wer die Macht hat, seine einfältige Beschreibung zu verallgemeinern (Deutungshoheit) und wessen Beschreibung sozialen Zuspruch erhält gewinnt leichter die Oberhand in Konflikten und bringt die Gegenpartei in die Defensive („Stimmt doch gar nicht, das war ganz anders!“).
Das Zulassen und Fördern vielfältiger Deutungen der gleichen Wirklichkeit ist eine Möglichkeit, Konfliktsysteme zu bremsen. Die Entscheidung für Vielfalt – oft auch Toleranz genannt – wird zum Problem, wenn damit ein ungünstiger Status quo erhalten bleibt, also zur Konfliktvermeidung dient. Deshalb ist es kein Widerspruch, wenn man intolerant für Toleranz eintritt. Das ist bisweilen nötig.
(Zu der Unterscheidung von Beschreiben, Erklären und Bewerten siehe insbesondere F. Simon, Einführung in die Systemtheorie des Konflikts).