Zukünftige Vergangenheit
Eine merkwürdige Verknüpfung scheint der Zeitmodus ‚zukünftige Vergangenheit‘ zu sein. Etwas, das keine Aktualität in der Gegenwart (des beobachtenden Systems) habt und in Zukunft aber relevant wird – was könnte das sein?
Ein einfaches Beispiel dafür ist Kapitalbildung: Man verzichtet in der Gegenwart auf den Konsum (=Aktualisierung) vorhandener Mittel und legt sie beiseite (=Potentialschaffung). So bildet sich Kapital, welches zugunsten künftiger Möglichkeiten in der Gegenwart nicht verbraucht wurde. Diese ‚Vergangenheit‘ stellt einer unbekannten Zukunft Möglichkeiten bereit, die ohne diese Vergangenheit nicht möglich wären.
Ein anderes Beispiel ist: Etwas Vergangenes bekommt in der Zukunft eine (ungeahnte) Bedeutung. Ich habe vor Jahren jemanden kritisiert und dessen konservierte Kränkung kann mich massiv beeinflussen, wenn das Potential für Rache zukünftig aufscheint. Auch hier ist etwas konserviert, das in der Zukunft aktuell werden kann.
Der funktionale Umgang mit zukünftigen Vergangenheiten besteht im Wesentlichen darin, zu entscheiden, wo gegenwärtige Möglichkeiten nicht genutzt und damit konserviert werden, um künftige Ressourcen oder Potentiale zur Verfügung zu haben. Das setzt Verzichtskompetenz und -bereitschaft voraus. Ein System braucht“Kapazitätsreserven“. Wenn alles auf Kante genäht ist- es also keine künftigen Vergangenheiten gibt -, werden künftige Gegenwarten oft schnell zum Problem.