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Rechtfertigungen

Vielleicht kann man wirklich sagen: Wer sich rechtfertigt, macht immer etwas falsch. Entweder er ist Adresse einer berechtigten Kritik, dann wäre es sinnvoll, zuzuhören. Oder aber jemand macht ein Angebot, den ungünstigen Konflikt zu intensivieren. Dann ist eine Rechtfertigung ein ziemlich nutzloses und vor allem den Konflikt zuschärfendes Mittel. Das kann man wissen. Wieso dann die fast reflexhafte Neigung der allermeisten Menschen, auf Beschuldigungen hin sich zu rechtfertigen?

Auch hier spielen sowohl der psychische wie soziale Druck eine Rolle.

  • Psychisch dort bei Kritik von außen immer ein innere eigene Kritiker wach zu werden. Äußere Vorwürfe stimulieren Selbstvorwürfe. Jeder ungelöste innerpsychische Konflikt macht es schwer bis unmöglich auf Rechtfertigung zu verzichten. Denn – man widerspricht psychologisch gesehen nicht dem Gegenüber, sondern dem inneren Teil, der die Beschuldigungen für richtig hält. „Siehst Du, der andere hat es auch gemerkt, dass Du einen Fehler gemacht hast!“ Rechtfertigungen dienen also der psychischen Abwehr eines destruktiven Selbstumgangs und stabilisieren aber so gleichzeitig einen sozialen ungünstigen Konflikt
  • In vielen sozialen Rollen und Funktionen können Eingeständnisse von Fehlern ein Problem sein. Trotz der häufig geforderten Fehlerkultur, wird das Gegenteil erwartet. Zugespitzt formuliert, der Arzt, der sagt: „Stimmt, das habe ich übersehen und war zu oberflächlich!“ droht den Patienten zu verlieren und einen Anzeige zu gewinnen.

So können sich Konfikte in der Regel ganz gut darauf verlassen, dass hinreichend Rechtfertigungsbereitschaft im Spiel ist, um im Erklärungsmodus linear gestrickte Vorwürfe eskalierend zu beantworten.