Funktion des Pols „Sendend“
Die Funktion des Sendepols in Konflikten, lässt sich am besten mit einem Beispiel illustrieren: So gut wie alle sozialen Protestbewegungen senden ihre Botschaft laut, deutlich, oft zugespitzt, vereinfacht und anhaltend in die Welt: „How dare you?!“ wurde zum Wahlspruch von Fridays for Future. Der Konflikt wurde gesucht. Der Konflikt wurde und wird auch nicht gleich wieder beendet. Die Bereitschaft, die – bekannten – Argumente der Gegenseite zu hören und zu erkunden, ist wenig ausgeprägt. Man weiß warum „das alles“ nicht so schnell geht und nicht so einfach ist. Zu Recht ignoriert man das und sendet weiter „How dare you!“.
Der soziale Konflikt muss erst virulent werden. Diese asymmetrische Machtstruktur – eine Seite will von den Anliegen einer anderen Seite nichts wissen – gibt es im Kleinen (Familie, Team, Verein, Gemeinderat etc.) wie im Großen (Politik, Organisationen, Verbände etc.). Die ungehörten, unterrepräsentierten oder vernachlässigten Kräfte brauchen den „Senden“- Pol des Aktionsmodus, um die andere Seite zu „zwingen“, sich für Mitteilungen zu interessieren, die sie bislang erfolgreich ignorieren konnten.
Die sinnvolle Funktion von „Senden“ kann es also sein, aus einem verborgenen Konflikt einen offenen werden zu lassen. Dabei sind Haltungen wie stur, verbohrt, ausufernd, über die Stränge schlagend, uneinsichtig, unbeeindruckbar, konfrontierend, selbstbezogen u. v. a. m. von hohem Wert. Das Konfliktsystem sucht sich geradezu Menschen, die solche Features bereitstellen können. Jeder hat selbst vermutlich Personen vor Augen, die in solchen Konfliktlagen Rollen und Führung übernehmen. Sie machen in Konflikten Karriere und finden Gefolgschaft. Sie werden zur Identifikationsfigur, hinter der sich andere versammeln. So entsteht im sozialen Feld die nötige Wucht und ggf. die mediale Aufmerksamkeit, die es braucht, damit über bestimmte Themen auf „Augenhöhe“ diskutiert werden kann. Dann wäre auch der Zeitpunkt gekommen, um auf Erkunden zu wechseln.