Entzug von Vertrauen
Der Entzug von Vertrauen ist in Organisationen ein massiver Eingriff, egal ob es einzelne Mitarbeiter, Teams, Abteilungen, Standorte, Projekte, Regionen oder Funktionen betrifft. Hat etwa die Forschung- und Entwicklungsabteilung in der Organisation Vertrauen verspielt (z.B. durch wiederholt schlechte Produkte), so wirkt sich das auf viele Leitprozesse aus. Meist kommt es zu Personalwechsel, zu vermehrter Kontrolle und reduzierter Entscheidungsautonomie, es werden weniger Ausnahmen gemacht und die Risiken reduziert. Schon daran kann man sehen, wie stark der Entlastungseffekt bei gelingendem Vertrauen ist. Gleichzeitig macht sich in der Organisation Vertrauensverlust durch vermehrte Binnenprozesse (Zeit- und Ressourcenverbrauch!) bemerkbar.
Entzug von Vertrauen geschieht nicht kontinuierlich, sondern durchläuft Phasen. Die erste Schwelle besteht darin, dass vertrauensstörende Phänomene nicht mehr als Ausnahme interpretiert werden. Man wird nervös und verändert das „innere Bild“ („Können wir uns wirklich auf die verlassen?“). Die zweite Schwelle wird überschritten, wenn angefangen wird Informationen indirekt zu überprüfen („Wir fragen mal XY, was bei denen eigentlich los ist.“). Eine dritte Schwelle ist genommen, wenn aktiv Informationen angezweifelt werden und die Unterstellung der Falschinformation dabei enthalten ist („Schwindelst Du mich etwa an?“). Ist erst einmal die Integrität der Vertrauensadressaten in Zweifel gezogen, finden sich dafür so gut wie immer bestätigende Anhaltspunkte, da nichts und niemand hundertprozentig vertrauenswürdig ist. Daher gibt es eigentlich immer Anlass Vertrauen zu entziehen bzw. andersherum: Vertrauen ist immer ein Stück nützlicher Illusion, die einmal genommen, schwer wieder zu schenken ist. Vertrauen ist dadurch aber auch stabil, weil jeder weiß, dass es gefährlich ist, geschenktes Vertrauen zu sehr zu strapazieren.