Entscheidungsprämissen der Organisation
Eine der zentralen Leistungen, die eine Organisation erbringt, ist es, viele Akteure zu koordinieren. Klar – würden die einen Hemden schneidern, während die anderen Autos bauen, würde etwas schief laufen. Um diese Leistung zu erbringen, nutzen Organisationen etwas, was mit einem Begriff von H. Simon und Niklas Luhmann Entscheidungsprämissen genannt wird.
Entscheidungsprämissen legen den Spielraum für Entscheidungen fest, wirken aber nicht kausal auf sie ein. Sie begrenzen und ermöglichen auf diese Weise Komplexität. Der Begriff bricht recht deutlich mit der Vorstellung einer rationalen, funktionalen, zweckgerichteten Organisation, die durch korrekte Anwendung ihrer inneren Regeln, „wie geschmiert“ läuft. Stattdessen koordinieren Organisationen die Akteure durch vielfältige und situative Einschränkungen ihrer Entscheidungsspielräume. Damit werden – besonders wichtig – die Entscheidungskosten und -risiken für den Einzelnen gesenkt, weil das, was auf dem Spiel steht, begrenzt wird. Entscheidungsprämissen „existieren“ nur solange sie benutzt, d.h. beachtet, mißachtet, bekämpft oder sabotiert werden!
Es gibt nach Luhmann im wesentlichen drei nebeneinanderstehende Formen von Prämissen: Programme, Kommunikationswege und Personen sowie eine übergeordnete, nämlich die Organisationskultur. Die hier konzipierten Leitprozesse der Organisation können auch (aber nicht nur) verstanden werden als eine Fortentwicklung des Luhmannschen Konzepts der Entscheidungsprämissen. Alle neun Leitunterscheidungen lassen sich einerseits beobachten in Form situativer, ereignishafter (Einzel-)Entscheidungen und andererseits in Prämissen, die musterbildend und -gebend sind, wie in Bezug auf Leitprozesse entschieden wird.