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Unbegründbarkeit von Vertrauen

Kann man Vertrauen begründen? Leider nein.

Was immer man an Argumenten, Erfahrungen und Belegen hat – letztlich kann das alles nichts wert sein. 30 Jahre Treue und dann doch…! Wer vertraut, riskiert enttäuscht zu werden. Luhmann sagt, dass man nachgerade daran erkennen kann, dass man vertraut hat, wenn man die Entscheidung bereuen könnte. Vertrauen ist und bleibt eine riskante Vorleistung, wie er das nennt. Dabei ist mitzudenken, dass Kontrolle ebensowenig risikolos zu bekommen ist.

Macht man sich das klar, gilt es bei Entscheidungen zum Leitprozess Sozialkomplexität mit der Frage „Wollen wir vertrauen?“ – und nicht „Können wir vertrauen?“ zu arbeiten. Vertrauen bleibt eine unbegründbare Entscheidung. Deshalb kommt der psychischen Fähigkeit zu vertrauen bei Entscheidungspersonen eine hohe Bedeutung zu. Vertrauen kann jemand,

  • der innerlich die Wahl zwischen Vertrauen und Misstrauen hat,
  • der Angsttoleranz hat und deshalb nicht um Ängste zu beruhigen zwanghaft auf Kontrolle setzen muss,
  • der eine ausgeprägte Wahrnehmung hat, um subtile Diskrepanzen im Selbstausdruck anderer Menschen zu bemerken und so misstrauensrelevante Signale aufnehmen kann,
  • der mit Enttäuschungen so umgehen kann, dass er weder sich noch den anderen anklagt und mit Vorwürfen überzieht,
  • der auch dann liebevoll mit sich und anderen umgehen kann, wenn Menschen, auf die man sich verlassen hat, sich abwenden, Kritik üben oder die Loyalität aufgeben.

Da Vertrauen unbegründet geschenkt werden muss, muss der Vertrauensgeber innere Sicherheit haben, wo keine äußere Sicherheit zu bekommen ist.