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Stabile Feindbilder

Die Konfliktdynamik schafft für alle Beteiligten Plausibilitäten. „Ist doch klar, er will mich hier nur rausekeln!“ Eine solche für den Sprecher vollkommen glaubwürdige Erwartung bildet sich in Konflikten deshalb – oft recht rasch – aus, weil es vieles einfacher macht. Je „schlimmer“ jemand ist, je schlechter sein „Charakter“, je böser seine Absichten, je klarer sein Eigennutz, desto gerechtfertiger werden die eigenen Vorwürfe, Absichten und Handlungen. „Er verdient es nicht anders!“ Es liegt auf der Hand, dass dies, wenn es auf beiden Seiten praktiziert wird, für stabile Verhältnisse sorgt. Jeder wird so, dass er das Feindbild des anderen ausreichend bestätigt. Gleichzeitig will aber niemand „Feind“ sein. Daher sorgen derartige Vorwürfe mehr oder weniger automatisch dafür, dass man diese Unterstellungen von sich weist. Alles, was am eigenen Verhalten problematisch sein könnte, wird gerechtfertigt als Reaktion. Eigentlich ist man ganz anders…!

Das ist der Grund, warum es eine bedeutsame, weil nicht so leicht reversible,  Entwicklung darstellt, wenn die Dynamik sich auf dem Pol „Feindlich“ eingeschwungen hat. Dieses Eingeschwungen-Sein ist ein kommunikatives Muster des Konflikts, keine Absicht oder gar Merkmal der beteiligten Parteien. Alle Parteien können außerhalb des Konfliktsystems anders sein. Man kann das etwa daran studieren, wie aus einem Paar von zwei sehr netten Menschen während der Scheidung, Monster werden, die man sich nicht hat vorstellen können.