Potential
Potential ist einer der beliebteren Begriffe im Kontext Personal und Personalentwicklung: Potentialträger, Potentialentwicklung, Potentialanalyse u.a.m.. Was sind Vor- und Nachteile dieses Begriffs? Zunächst meint er in den meisten Fällen, dass ein Beobachter (also ein PE-Verfahren, ein Vorgesetzter, die HR-Abteilung, ein Headhunter, ein Team) die Hypothese vertritt, dass ein (kommendes) Organisationsmitglied Verhaltensmöglichkeiten hat, die (noch) nicht aktualisiert sind.
Potentialzuschreibung ist also eine Annahme über die Zukunft. Damit ist sie per se riskant. Sie führt aber meist auch eine sachliche Einschränkung mit sich, weil das Potential an einen Kontext XY gebunden ist – also etwa Führung oder eine bestimmte Funktionsebene oder einen Verantwortungsbereich. Potential ist allerdings immer auch sozial limitiert, da ja die Beobachter des Potentials nie frei von Interessen und eigenen Perspektiven sind und daher auch nie eine „objektive“ Aussage gemacht werden kann. Dennoch verselbständigen sich Potentialzuschreibungen in Organisationen oft. Wer einmal Potential „hat“ (oder auch nicht), der „hat“ es (0der auch nicht), weil die Komplexität der Leitunterscheidung Personal auf diese Weise deutlich reduziert werden kann. Man weiß, auf wen man zu achten hat und auf wen nicht.
Eine meist mitgeführte Annahme ist, dass Personen, denen Potential zugeschrieben wird („Aus Dir wird noch was!“), dies selbst auch so sehen bzw. automatisch motiviert sind, dieses zu entfalten und dorthin zu wollen, wofür sie als geeignet angesehen werden. Es entstehen also einerseits leicht Zugzwänge für die Betroffenen. Andererseits bilden sich auf der psychodynamischen Bühne auch rebellische, verweigernde oder belastende Affekte, die dann eine mögliche Entwicklung eher erschweren.