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Normalisierung von Widerspruch

Soziale Systeme bilden Regeln aus, die Widerspruch erleichtern oder erschweren. „Den Eltern/dem Chef widerspricht man nicht!“ oder „Roma locuta, causa finita (= Rom hat gesprochen, die Sache ist erledigt!“)“ sind etwa – aus der Mode gekommene – Erschwernisse. Solche Regeln unterbinden in vielen Fällen die Verneinung. Ist die Schwelle, diese Regel zu brechen, erstmal überschritten, wird der Konflikt jedoch meist schnell scharf, da es nicht nur als sachlicher, sondern eben auch als unerlaubter Widerspruch verstanden wird. Dies erhöht die Zumutungsqualität an die anderen – und damit die Wahrscheinlichkeit von Gegenwiderspruch – erheblich.

Andersherum: Ist Widerspruch durch Regeln des sozialen Miteinanders erleichtert, tun sich soziale Systeme leichter, Konflikte zu regulieren. Wenn beispielsweise Kritik grundsätzlich auch gegenüber Hierarchie willkommen ist, muss die Chefin/der Chef sie nicht persönlich nehmen oder als Widerstand gegen die Funktion ansehen! Die Normalisierung von Widerspruch schafft für soziale Systeme einen gewissen Schutz davor, dass sich Konflikte rasch etablieren und verfestigen. Denn auch im Konfliktfall kann man sich dann wechselseitig an die „eigentlich“ gültige Regel erinnern, dass der Widerspruch willkommen ist. Dies erleichtert eben dann die Wahl zwischen Ja und Nein.