Funktion von Selbstausdruck
Der psychische Leitprozess, der Zeigen und Verbergen reguliert, kann vom psychischen System funktional oder dysfunktional erledigt werden. Funktional ist er dann, wenn
- der Selbstausdruck zur Bedürfnisregulation passt (Ich will etwas und man sieht mir das auch an!).
- er rollengerecht ist. Als Manager werde ich im Meeting meine Enttäuschung über einen Fehler anders zum Ausdruck bringen, wie als Besucher eines Fussballspiels.
- er nicht von unbewussten Prozessen dominiert ist (Etwa wenn jemand unbewusst voller Groll ist und ständig mit einem mißmutigen Gesicht umherläuft und sich selbst aber nicht mißmutig fühlt)
- er eingebettet ist in ein inneres Verstehen.
Dysfunktional ist Zeigen, wenn es keine selektive Authentizität, sondern eine unkontrollierte oder umfassende Selbstentäußerung darstellt. Denn dieser Prozess ist sozialen Regeln unterworfen. Die Frage „Wann darf wer in welcher Situation wem gegenüber was in welcher Form wie lange zum Ausdruck bringen?“ wird in verschiedenen Kontexten, sozialen Gemeinschaften und Kulturen sehr unterschiedlich beantwortet. Diese Regeln zu kennen und zu beachten, ist das, was man im globalen Kontext „Interkulturelle Kompetenz“ nennt.
Dysfunktional ist Verbergen dann, wenn es für die Begegnung Wesentliches im Kontakt zurückhält. Je mehr ich etwas verberge, was für den anderen oder die Beziehung zu ihm eigentlich bedeutsam ist, desto mehr schränke ich die Begegnungsmöglichkeiten ein, desto weniger Befriedigung und Intensität ist in der Beziehung möglich, desto mehr Kontrolle muss ununterbrochen aufrechterhalten werden und desto unauthentischer und damit vertrauensreduzierender wird der Selbstausdruck. Die Prämissen, für die Entscheidungen, was gezeigt und verborgen wird, sind oft unbewusst. Meist sind sie früh erworben und sehr stabil. Daher ist für Veränderung eine Auseinandersetzung mit diesen Mustern so wichtig.