Eigenwert und Entscheidung
Wodurch gewinnt ein System Stabilität? Indem es die gleiche Entscheidung wiederholt: Man geht täglich ins gleiche Büro und erkennt daran, dass man bei der Firma, die dort sitzt, fest angestellt ist. Ein Team arbeitet in gleichbleibenden Rollen zusammen und eine Organisation wechselt nicht täglich den Namen. Solche wiederholten Entscheidungen nennt man – in Übernahme eines Begriff aus der Kybernetik – Eigenwerte. Im Unterschied zur Kybernetik verbindet die Systemtheorie diesen Begriff im Kontext sich selbst erhaltender Systeme aber mit einem Entscheidungsvorgang. Damit werden Eigenwerte zu Setzungen des Systems und liegen nicht einfach vor oder sind extern gesetzt.
Wenn Stabilität die Folge von solchen (sehr grundlegenden) Entscheidungen ist, dann gibt es keine Sicherheit für autopoietische Systeme, da man ja alles auch anders entscheiden könnte: Man kann vom Gummistiefelhersteller zum Mobiltelefonriesen (Nokia) mutieren, man kann vom Freundeskreis zum Start-up Gesellschafterkreis wechseln und vom Mann zur Frau werden. Eigenwerte sind kontingent. Jedes „Das ist einfach so!“ ist ein Hinweis auf eine fehlende Reflexion auf die Setzung hinter der vermeintlichen Gewissheit.
Somit wird für jedes System die Frage, wie es die Eigenwerte hinreichend verbindlich setzen kann, zu einer grundlegenden Aufgabe, der es sich nicht entziehen kann.